Fatimafeier - Maria Laach  13. September 2022

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

105 Jahre Erscheinungen in Fatima. Jahr für Jahr dürfen wir daran denken. Immer wieder in den Fatimafeiern im wahrsten Sinn des Wortes „vergegenwärtigen“, was 1917 passiert ist, in diesem kleinen Tal in Portugal.

  Nicht nur deshalb, weil wir Menschen so gerne Jubiläen feiern oder weil wir Katholiken nur mehr in der Vergangenheit leben. 

 Nicht nur deshalb, weil uns der Kreislauf des Jahres sonst keinen Anlass zum Feiern gegeben hätte. 

Da ist etwas geschehen! Etwas Welt-Bewegendes!

In der Cova da Iria, im Tal des Friedens, bei der Steineiche. Drei Hirtenkinder und eine „schöne Dame“.

Solche Erscheinungen und übernatürliche Zeichen unterbrechen die Geschichte. Sie treten auf lebendige Weise in die menschliche Wirklichkeit ein und begleiten den Weg der Welt, wobei sie Gläubige und Ungläubige überraschen. Diese Kundgaben, die dem Inhalt des Glaubens nicht widersprechen können, müssen auf den zentralen Gegenstand der Verkündigung Christi zulaufen: die barmherzige Liebe des Vaters, der die Menschen zur Umkehr bewegt und die Gnade schenkt, sich in kindlicher Ergebenheit ihm zu überlassen. Das ist auch die Botschaft von Fatima, die mit ihrem bekümmerten Ruf zu Umkehr und Buße tatsächlich zum Herzen des Menschen vordringt.

Eine unheimliche Dramatik wird uns im Buch Genesis berichtet. Und egal wie wir exegetisch das Geschehen um Adam und Eva deuten wollen, Gott stellt dem Adam eine Frage: „Wo bist du?“

Und Gott stellt jedem Menschen diese Frage, auch uns, täglich neu in unserem alltäglichen Leben und Streben, in unseren Erfolgen und in unserem Versagen: Wo bist du? - Warum versteckst du, Mensch, dich vor dem Gott der dich liebt? Warum suchst du deine eigenen Wege zu verwirklichen, wo Gott scheinbar nicht gebraucht wird? Warum vertraust du mehr auf deine Vernunft, auf die Errungenschaften der Wissenschaft und Technik, auf deine Lebens- und Unfall- und Haftpflichtversicherung, als auf den Gott, der dich geschaffen hat, der dich hineingestellt hat in das konkrete Leben - und der weiß, was du brauchst?

Wo bist du?

Gott stellt uns diese Frage auf verschiedene Weise! Und in einer unvergleichlichen Weise hat er sie uns in Fatima gestellt. Durch seine heilige Mutter. Die an den Knotenpunkten er Menschheitsgeschichte mit ihrer Botschaft die Menschen aufrütteln will, ihre geliebten Kinder wieder zurückführen will zu ihrem göttlichen Sohn. 

Weiss Gott wirklich, was wir brauchen? - Viele Menschen würden vermutlich diese Frage heute mit NEIN beantworten. Denn dann dürfte es keine Kriege und keine Pandemie und keine Klimakatastrophe und keinen Hunger und kein Elend auf dieser Welt geben, dann wären doch alle Krankheiten besiegt, dann gäbe es doch Frieden und und und…

- Und in diesen Aufzählungen spüren wir schon, dass wir da Gott keineswegs die Schuld geben können. Denn wir wissen um das menschliche Verursachen kleinerer oder größerer Tragödien in dieser Welt. Es war mitten im ersten Weltkrieg, als Maria in Fatima erschien. Es war das Jahr der Oktoberrevolution, als der atheistische Kommunismus den Osten Europas zu überschwemmen begann. 

Gott weiss, was wir brauchen!  Und die ganze Heilsgeschichte ist voll von Berichten darüber. 

Denn Gott wußte, dass wir im höchsten Maße der Erlösung bedürfen, und sandte seinen Sohn Jesus Christus. Der am Kreuz mit seinem Blut, letztgültig die Liebe Gottes zu uns bezeugte. 

Und Gott wußte, dass der Glaube an seinen Sohn nicht wirklich reifen kann und gelebt werden kann, ist der Mensch nicht durch die Gemeinschaft der Glaubenden, eben durch die Kirche, getragen. Niemand kann Gott zum Vater haben, der nicht die Kirche zur Mutter hat, sagte ein Kirchenlehrer. So hat der Herr Jesus Christus die Kirche gegründet. 

Und er wußte, dass wir Menschen noch viel mehr bedürfen: Das ist eine Grunderfahrung eines jeden Kindes. Wir bedürfen der liebevollen Hand einer Mutter, ihres liebevollen Blickes, der uns wieder Mut macht, aufzustehen, wenn wir hingefallen sind, dem Mittragen und Mitsorgen der Mutter bei all den kleinen und großen Fragen und Problemen des Lebens. 

Und so war es gleichsam das Vermächtnis Jesu an seine Kirche, an die Seinen, den Jüngerkreis und alle darüber hinaus für alle Zeiten dieser Weltgeschichte, dass seine heilige Mutter, Maria, die Mutter der Kirche, die Mutter aller Gläubigen, die Mutter der Priester werden soll. 

Dankbar hat das Zweite Vatikanische Konzil diese Grundwahrheit des Christentums und der Kirche aufgegriffen und gesagt: Maria ist Jungfrau und Mutter zugleich, weil sie das Inbild der Kirche und Kirche im Vollsinn ist: Die Kirche wird "durch die gläubige Annahme des Wortes Gottes ... auch selbst Mutter: Denn durch Predigt und Taufe gebiert sie Kinder, die vom Heiligen Geist empfangen und aus Gott geboren sind, zu neuem und unsterblichem Leben. Auch sie selbst ist Jungfrau, die das Treuewort, das sie dem Bräutigam gegeben hat, unversehrt und rein hält"...Diese Mutterschaft Marias in der Gnadenökonomie dauert unaufhörlich fort, von der Zustimmung an, die sie bei der Verkündigung gläubig gewährte und an der sie unter dem Kreuz ohne Zögern festhielt, bis zur immerwährenden Vollendung aller Auserwählten. Denn nach ihrer Aufnahme in den Himmel hat sie diese heilbringende Aufgabe nicht niedergelegt, sondern fährt durch ihre vielfältige Fürbitte fort, uns die Gaben des ewigen Heils zu verschaffen... Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter den Titeln der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistands und der Mittlerin angerufen 

So sehen wir, dass eine ehrliche und chte Verehrung der seligen Jungfrau, ja eine liebevolle Zuwendung zu unserer himmlischen Mutter nichts „veraltetes“ oder „Vorkonziliares“ ist (mit diesem Begriff wird ja heute gerne herumgeworfen), sondern ein wichtiger Aspekt unseres Christ-Seins, ja „Kirche-Seins“.

Wir dürfen gleichsam unsere himmlische Mutter an der Hand nehmen, wie das Kind, das ängstlich am Strassenrand steht und die vorbeiflitzenden Autos beobachtet. Wir dürfen Maria an der Hand nehmen und sie bitten, sie möge uns sicher durch die Ströme dieser Zeit führen. Wir dürfen Maria bei uns aufnehmen wie einst Johannes, von ihr und ihrem JA gegenüber dem göttlichen Plan lernen, und mit ihrer Hilfe liebevoll und offen werden für die Kirche, die uns täglich neu die Begegnung mit dem Herrn Jesus Christus in der Eucharistie ermöglicht. 

 

Amen.