32. Sonntag im Jahreskreis A

Im Evangelium ist von einer Hochzeit die Rede. Von einem Bräutigam, der offenbar auf sich warten lässt. Jesus erzählt hier der Gemeinde von den letzten Dingen, von seiner Wiederkunft am letzten Tag der irdischen Geschichte.

Doch die Hochzeit, von der hier gesprochen wird, hat schon begonnen! Mit dem Kommen Jesu in diese Welt hat sie begonnen. Nun - in diesem Gleichnis, geht es um ihre Vollendung. Die jüdischen Zuhörer werden wohl aufgehorcht haben, denn Jesus berichtet hier Ungewöhnliches. Normalerweise wird beim Bräutigam geheiratet. Doch diese Hochzeit findet offenbar im Haus oder zumindest am Wohnort der Braut statt. Jesus zeigt damit: Seine Botschaft betrifft nicht irgend einen fernen Ort, irgend eine andere Welt - sie betrifft unsere Erde. Zu uns kommt der Bräutigam - besser, er ist schon da. Die Jungfrauen, damit sind die Brautjungfern gemeint, ziehen also zu abendlicher Stunde zur Ortsgrenze hinaus, um den Bräutigam zu erwarten, um ihn ins Haus der Braut zu geleiten. Die Brautjungfern ebenso wie die Braut selbst sind also Bild für unsere Gemeinde, für die Menschen, die Jesus Christus erwarten, für die Kirche, die seit dem Pfingstfest in dieser Erwartung des Herrn verharrt - nicht nur in ihren Amtsträgern, sondern letztlich in jedem einzelnen Glied, in jedem Getauften auf dieser Erde. Die Kirche hat in all ihren Gliedern einen Auftrag von Jesus mitbekommen - seid wachsam und erwartet den Tag der Wiederkunft, wie lange er sich auch hinziehen kann. Diese Wachsamkeit und Aufmerksamkeit, die Jesus einfordert, symbolisieren die Öllampen. Lampen brauchen Öl zum Leuchten, sonst erfüllen sie ihren Zweck nicht. Die leere Lampe, der Taufschein in der Schublade, im schlimmsten Fall sogar noch mit dem Austrittsstempel der Bezirkshauptmannschaft auf seiner Rückseite, erfüllt seinen Zweck nicht. Die kurzlebige Euphorie, das Hochgefühl anlässlich irgend eines religiösen Erlebnisses kann nicht die wachsame Beständigkeit des christlichen Lebens ersetzen. Sie kann Anstoß sein, die „Öllampe“ in die Hand zu nehmen, doch das Öl, christliches Leben, das sich im Alltag bewährt, muss mitgenommen werden. 

Der Bräutigam - Christus - kommt lange nicht. 2000 Jahre warten wir schon auf ihn. Die Naherwartungshoffnung der ersten und zweiten Generation der Kirche, der Apostel und ihrer Schüler ist nicht erfüllt worden. Alle chiliastischen Theorien, dass mit Jahrtausendwenden der Herr wiederkäme, haben sich nicht bewahrheitet. Doch diese lange Zeitspanne, in der so manches in unserer Kirche auch eingeschlummert ist, so manches in Vergessenheit geraten ist, diese lange Zeitspanne darf uns weder entmutigen, noch zu einem falschen Fatalismus verführen, als wäre der Tag des Herrn, die Wiederkunft Christi nur Fiktion, Einbildung oder theologische Spitzfindigkeit. 

Wachsamkeit heißt nicht, jeden Tag mit dem Weltende zu rechnen, wohl aber: so leben, dass Gottes endgültiges Kommen und sein künftiges Reich dieses unser Leben ganz bestimmen. Jesus ruft in seine Nachfolge. Und in der Nachfolge geht es um ein Zweifaches: Um eine grundsätzlich getroffene Entscheidung einerseits. Entscheidung, die Spuren Jesu in dieser Welt zu suchen, seinen Spuren immer neu nachzugehen. Zugleich aber heißt Nachfolge auch, nicht vergessen, dass die kommende Welt schon mit ihren Kräften und Gesetzen in diese unsere, vergehende Welt hineinragt. Als Jünger Jesu erweist sich, wer durch seine Existenz und Lebensweise Zeugnis ablegt für die anbrechende Gottesherrschaft. 

Denn der Bräutigam wird kommen - selig jeder, der sich dann nicht im Alltagsgeschäft verloren hat, im Sumpf der Diesseitigkeit stecken geblieben ist. 

Mit der Taufe hat uns Jesus die Gnade gegeben, über diese irdische Welt mit ihren schönen Seiten, aber auch Defiziten, hinausschauen zu können. Nützen wir diese Gabe Gottes! Und seien wir wachsam. Gerade heute ist ein guter Tag, damit neu anzufangen. 

Amen.