Ostersonntag 9. April 2023

 

Der Heilige Augustinus meinte, man solle das Osterfest nicht wie einen Gedenktag feiern. Vielmehr sollten wir in diese Tage eintreten wie in ein Geheimnis, wie in ein Mysterium!

Ein Gedenktag ruft Vergangenes wach, Daten, von denen man nur allzu gut weiß, dass sie Geschichtsdaten sind. 

Wer einen Gedenktag begeht, etwa in Erinnerung an einen Krieg, einen Unfall, oder auch an einen schönen Moment des Lebens, entlockt dem Vergessen ein Ereignis, das unerbittlich wieder im Dunkel versinkt. Der Glanz der Gedenkfeier entströmt dem Bemühen, mit dem wir uns gegen das Altwerden, gegen das Vergehen stemmen!

Ein Geheimnis, ein Mysterium ist etwas ganz anderes. Es ist beständige Gegenwart. Kierkegaard sagte, Glaube ist, was uns in wirkliche Gleichzeitigkeit mit Christus einstiftet. So verstanden macht uns der Glaube an Jesus, der seinen Leidensweg gegangen und auferstanden ist, einerseits zu „Zeitgenossen Christi“, dank des Geistes nehmen wir gewissermassen an der Erfahrung der Apostel teil. Andererseits wird aber auch dieser „auferstandene Christus“ unser Zeitgenosse. Er lebt fort in uns. Sein Lebensweg heute ist die Fortdauer seines Leidensweges damals. 

In uns geht er durch Tod und Auferstehung hindurch, wie schon vor zweitausend Jahren. Das Mysterium ist keine Rückblende ins Dunkel, kein Ausflug in die Vergangenheit, den uns eine stimmungsvolle und betörende Liturgie verschafft: Im Mysterium geschieht die Eingliederung der Heilsereignisse ins Heute unseres Daseins. Solch ein Geschehen tritt weder künstlich noch erzwungen ans Dasein heran; es passt in unser Leben wie ein Schlüssel ins Schloss. In der Osterfeier verbindet sich der Weg Christi, von Abendmahl zur Auferstehung, mit unserem eigenen Lebensweg, mit dem Leben der Kirche, zu einer und derselben Wirklichkeit. 

Wenn wir Gemeinschaft halten im Brotbrechen und den Gebeten, dann geschieht unter uns und für uns die Selbstüberlieferung Christi weiter. Darum ist im Brotbrechen SEIN OPFER unter uns gegenwärtig. Aber eben in der Gestalt des Brotbrechens, im schlichten, alltäglichen menschlichen Tun des gemeinsamen Mahles, in dem für uns alles da ist, was uns zu Brüdern und Schwestern Jesu Christi macht. Wir werden immer mehr Tischgenossen Christi, je mehr wir lernen und bejahen und wirklich tun, was das Zeichen sagt: Christus ist für uns und für alle da. Er ist für uns gestorben und auferstanden. 

Jesus sagt uns heute: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“. Osterglaube und Eucharistie sind darin eins: Die Jünger – und auch wir – können nicht für uns behalten, was wir empfangen. Wir können nicht in der Versammlung beieinander bleiben, abgeschlossen von allen übrigen, die „draußen“ sind. Jesu Kommen bricht unseren geschlossenen Kreis auf, weil er im Kommen seine Sendung an uns weitergibt. Unsere Versammlung zur göttlichen Liturgie ist zugleich Sendung. Wir sollen selbst werden, was wir empfangen: Gottes aufgebrochenes Brot für die Welt, Mensch Gottes in Christus, Mensch der Auferstehung und der frohen Botschaft des Lebens für die Welt. 

Amen.